Skript
Verhalten im Notfall
13. Thermische Schäden
13.1. Unterkühlung
Die Hypothermie wird in vier Stadien eingeteilt und ist gekennzeichnet durch eine niedrige Körperkerntemperatur, beginnend mit dem ersten Stadium bei einer Körperkerntemperatur von unter 35° Celsius. Unterkühlungen werden nicht nur durch kaltes Klima (beispielsweise Winter) begünstigt, auch in geschlossenen Räumen durch längere Liegezeit auf kaltem Boden kann es zu einer Unterkühlung kommen. Gar im Sommer kann es dazu kommen – beispielsweise durch verschwitzte Kleidung oder einem langen Aufenthalt in kaltem Wasser (Luxem et al., 2020, S. 1019). Die Körperkerntemperatur sollte in Notfallsituationen grundsätzlich gemessen werden.
Symptome der leichten Unterkühlung (Stadium I 35° C – 32° C)
👁️ Schneller Herzschlag (Tachykardie)
👁️ Schnelle Atmung (Tachypnoe)
👁️ Kältezittern
Symptome der moderaten Unterkühlung (Stadium II 32° C – 28° C)
👁️ Kein Kältezittern
👁️ Verlangsamter Bewusstseinszustand
👁️ Langsamer Herzschlag (Bradykardie)
👁️ Niedriger Blutdruck (Hypotonie)
👁️ Langsame Atmung (Bradypnoe)
Symptome der schweren Unterkühlung (Stadium III 28° C – 24° C)
👁️ Bewusstlosigkeit
👁️ Häufig unregelmäßiger Puls
👁️ Schwere Hypotonie
Symptome schwerster Unterkühlung (Stadium IV <24° C)
👁️ Atem- und Kreislaufstillstand
Maßnahmen
➕ Verbringen Sie den Betroffenen in eine warme Umgebung (milde Unterkühlung)
➕ Tauschen Sie nasse und/oder kalte Kleidung gegen warme aus (Milde Unterkühlung)
➕ Vermeiden Sie bei einer moderaten oder schweren Unterkühlung jede Bewegung
➕ Wärmen Sie den Betroffenen bei moderater oder schwerer Unterkühlung
➕ Bei Bewusstlosigkeit: Stabile Seitenlage
➕ Bei Atem-Kreislaufstillstand: Reanimation
13.2. Erfrierung
Erfrierungen entstehen durch Kälteeinwirkung. Vornehmlich betroffen sind Körperteile, welche weit vom Körperstamm entfernt sind. Maßgeblich für die Intensität der Erfrierung ist die tatsächliche Temperatur, die Geschwindigkeit des Temperaturabfalls und Dauer der Kälteeinwirkung (Luxem et al., 2016, S. 899). Die Erfrierung wird in vier Grade eingeteilt:
Erfrierung 1. Grades
Schmerzende Schwellung und Rötung des betroffenen Körperteils
Erfrierung 2. Grades
Blau-rote Verfärbung der Haut, Schwellung und Blasenbildung des betroffenen Körperteils
Erfrierung 3. Grades
Blass-blaue Verfärbung der Haut. In der Regel Gefühllosigkeit und Schmerzfreiheit. Darüber hinaus kann es im Bereich der blass-blauen Verfärbung zur Ausbildung schwarzer Bereiche kommen (Nekrose)
Erfrierung 4. Grades
Nekrose des Wundgebiets
(vgl. Luxem et al., 2016, S. 899)
Maßnahmen
➕ Wundgebiet mit einem trockenen, sterilen Verband versorgen
➕ Erfrorene Körperteile abpolstern
➕ Keine aktive Wiedererwärmung
(vgl. Luxem et al., 2016, S. 900)
13.3. Sonnenstich
Der Sonnenstich entsteht durch längere direkte Sonneneinstrahlung auf den unbedeckten Kopf. Besonders gefährdet sind Menschen mit schwach behaarten Köpfen.
Mögliche Symptome
👁️ Schwindel
👁️ Übelkeit
👁️ Erbrechen
👁️ Kopfschmerzen
👁️ Sehstörungen und Lichtempfindlichkeit
👁️ Nackensteifigkeit
(Luxem et al., 2016, S. 902)
Maßnahmen
➕ Leicht erhöhter Oberkörper in kühler Umgebung
➕ Kühlung des Nackens und Kopfes mit feuchten Tüchern
➕ Bei Nackensteifigkeit oder Bewusstseinstrübung: Rettungsdienst
➕ Bei Bewusstlosigkeit: Stabile Seitenlage
(Luxem et al., 2016, S. 902f.)
13.4. Hitzeerschöpfung
Die Hitzeerschöpfung ist eine Kombination aus deutlich erhöhter Körperkerntemperatur (Hyperthermie) und einem Flüssigkeitsmangel (Dehydratation) und kann ein horrendes Notfallereignis darstellen. Der Weg bis zum Hitzschlag ist auch oft nur kurz.
Mögliche Symptome
👁️ Hyperthermie (<40° Celsius) 👁️ Abgeschlagenheit 👁️ Verwirrtheit 👁️ Gerötete Haut 👁️ Schneller Herzschlag (Tachykardie) 👁️ Niedriger Blutdruck (Hypotonie) Maßnahmen
➕ Flachlagerung in Kühler Umgebung
➕ Stabile Seitenlage bei bewusstlosen Patienten
➕ Entfernung beengender Kleidung
➕ Notruf
(Luxem et al., 2016, S. 903f.)
13.5. Hitzschlag
Der Hitzschlag ist meistens die Folge einer unbehandelten Hitzeerschöpfung. Risikopatienten sind insbesondere ältere Menschen mit einem reduziertem Durstgefühl. Das große Problem des Hitzschlags ist die, aufgrund der Dehydratation, fehlende Fähigkeit zur Schweißbildung. So entsteht eine sogenannte Hyperpyrexie, also eine Körperkerntemperatur von über 41° Celsius. Diese hohe Temperatur kann eine Reihe multifaktorieller Probleme bedingen.
Mögliche Symptome
👁️ Schneller Herzschlag (Tachykardie)
👁️ Niedriger Blutdruck (Hypotonie)
👁️ Schnelle Atmung (Tachypnoe)
👁️ Zentralisierter Kreislauf
Maßnahmen
➕ Verbringung des Betroffenen an einen kühlen Ort
➕ Aktive Kühlung mit kühlem Wasser oder kalten, feuchten Tüchern
➕ Regelmäßiges Nachfeuchten der Tücher
➕ Flachlagerung bei Patienten ohne Bewusstlosigkeit (sonst stabile Seitenlage)
➕ Notruf
(Luxem et al., 2016, S. 905)
13.6. Verbrennungen und Verbrühungen
Verbrennungen und Verbrühungen sind thermisch bedingte Schädigungen der Haut und unter Umständen auch der darunter liegenden Gewebeschichten. Verbrennungen und Verbrühungen lassen sich analog zu den Erfrierungen in vier Grade einteilen
Verbrennung/Verbrühung 1. Grades
Oberflächliche Verletzung, bei der lediglich die oberste Hautschicht betroffen ist. Die Verletzung zeigt sich als schmerzhafte Rötung
Verbrennung/Verbrühung 2. Grades
Die Verbrennung/Verbrühung zweiten Grades reicht tiefer als die Verbrennung/Verbrühung ersten Grades. Gekennzeichnet ist die Verbrennung zweiten Grades insbesondere neben der Rötung auch die Blasenbildung
Verbrennung/Verbrühung 3. Grades
Hier liegt auch eine Zerstörung der tief gelegenen Hautschichten vor. Die Haut erscheint blass und lederartig. Schmerzempfinden besteht nicht mehr. Die umliegenden Verbrennungen niedrigeren Grades können jedoch weiterhin Schmerzen bereiten. Eine spontane Wundheilung ist nicht mehr möglich
Verbrennung/Verbrühung 4. Grades
Auch Verkohlung genannt. Alle Hautschichten sind zerstört. Oftmals sind auch Muskeln und Knochen beschädigt. Eine spontane Wundheilung ist auch hier nicht mehr gegeben und zumeist zieht diese Verletzung die Amputation der verletzten Extremität nach sich.
(Luxem et al., 2016, S. 906ff.)
❗Achten Sie auf Beteiligung des Mund-Rachen-Raums und auf die Atmung des Betroffenen.
Maßnahmen
➕ Inspektion des Mundraums (Rußbehaftung) und Kontrolle der Atmung
➕ Lagerung nach dominierendem Problem: Atmung Oberkörper hoch, Kreislauf Oberkörper flach
➕ Kühlung mit lauwarmen Wasser unmittelbar nach Verbrennungen kleiner Größe
➕ Idealerweise Verwendung von sterilen Brandwundenverbandtüchern
➕ Notruf (in Anbetracht der Schwere der Verbrennung/Verbrühung und Patientenzustands)
(Luxem et al., 2016, S. 910f.)